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Abseits der Touristenpfade

Es ist momentan etwas anders als geplant bzw. angekündigt: eigentlich hatten wir ja vor, weiter in den Norden und nach Yukon zu fahren, aber diesen Plan haben wir verworfen. Denn dieses Vorhaben hätte bedeutet, jeden Tag fahren zu müssen, um rechtzeitig wieder aus Kanada auszureisen, und diese Vorstellung war uns zu stressig.

 

Also sind wir auf gemütlich in British Columbia herumgefahren und haben uns noch paar Parks angesehen. Aber auch hier kam dann der Punkt, an dem wir einige Parks, die wir ursprünglich noch besichtigen wollten, von der Liste gestrichen haben. Der Grund mag sich undankbar anhören, ist aber echt nicht so gemeint: es stimmt schon, jeder dieser Provincial oder National Parks ist auf seine eigene Art wirklich wunderschön, aber die Schönheit der Wasserfälle, Seen, Canyons etc. wiederholt sich irgendwann, das Besondere wird eine Spur ‚normal‘ und man (oder zumindest wir Banausen) wird etwas blind für den ursprünglichen Wow-Effekt.

Und um uns eben weder stressen zu müssen noch undankbar zu werden, haben wir unsere ‚Reise-Strategie‘ etwas abgeändert: statt ‚fahren & ansehen‘ heißt es jetzt viel mehr ‚stehen & genießen‘.

 

Wir suchen nun viel gezielter nach Plätzen, an denen wir mehrere Tage bleiben und das Nomaden-Dasein genießen können. Und so stehen wir zum Beispiel gerne an Flüssen oder Seen, die etwas abseits liegen und die wir uns schlimmstenfalls mit ein paar Fischern teilen müssen. Keine Touristen Highlights, aber das Schöne an solchen Orten ist, dass hier weder die Uhrzeit noch der Wochentag zählen – wichtig ist lediglich, wie viel Wasser für die nächsten Tage im Tank ist. Wir bemerken jetzt auch, dass man diese absolute Ruhe umso mehr genießt, je ruhiger und entspannter man selbst ist.

Natürlich findet man nicht immer nur solche idyllischen Plätzchen, aber wir stehen zumindest immer frei und dabei passieren auch wirklich witzige Dinge: an einem See in der Nähe von Prince George sprach uns zum Beispiel ein Herr an, dass er auch ‚ein bissi‘ Bezug zu Österreich habe und es stellt sich heraus, dass es ‚bissi viel‘ Bezug zu Österreich ist, denn er ist der Neffe von Rudolf Kirchschläger – einem ehemaligen Österreichischen Präsidenten. Oder in Quesnel freuten wir uns wie kleine Schneekönige, als wir zufällig als Übernachtungsplatz am Stadtrand eine schöne große Wiese fanden, auf der nur paar Wohnwägen und paar Pferden standen. Doch als wir von einem ausgiebigen Spaziergang mit Lucky zum Benz zurückkamen, war die Wiese ganz schön voll und wir fanden uns mitten in einem Rodeo Fest wieder. Es war zwischen den Pferden und Cowboys aber so lustig und heimelig, dass wir ganze drei Tage auf der Wiese verbrachten und mitfeierten und als exotische ‚Ösis‘ zu allen Wettbewerben freien Eintritt bekamen.

 

Einige Tage später durften wir in einem Skiresort hinter dem Haus einer wahnsinnig gastfreundlichen Familie bleiben – es war irgendwie skurril: mitten im Sommer an einem Skilift zu stehen, morgens in der Almhütte gemeinsam Kaffee zu trinken und zum Kochen im Mr. Benz dafür Austro Pop zu hören. Auch hier war das Plätzchen zwar unspektakulär, aber wir drei hatten es super fein, sind wandern gegangen und vor allem Lucky war mit seinem ‚kleinen‘ 60kg Freund super happy.

Apropos happy: nach fast zwei Monaten ist unser Leben auf vier Rädern immer noch sehr fein und wir genießen es wirklich. Dennoch werden wir manchmal gefragt, ob uns in Kanada etwas abgeht … jaaa, das tut es tatsächlich, aber es ist weder das warme Leberkäs Semmerl noch der Fernsehabend auf der Couch (wobei beides mal wieder ganz fein wären) … nein, es ist KÄSE! Man möchte es nicht glauben, aber in Kanada gibt es eigentlich nur Cheddar – es gibt ihn zwar in unzähligen Variationen, aber diese unterscheiden sich nur farblich (vom knalligen Orange bis zum blassen Beige gibt es alles, einfarbig, marmoriert oder gestreift) und schmecken alle gleich (fad). Wer hätte das gedacht, aber so ein Stückerl würziger Emmentaler oder ein Kugerl saftiger Mozzarella wären so was von fein und stehen ganz oben auf der ‚wir-vermissen-dich-Liste‘. Und dabei ist es eigentlich absolut unverständlich, denn ganz Kanada ist voller Rinder – lebendig auf den Weiden und verarbeitet in den Supermärkten, da biegen sich die Regale … was machen die Kanadier bitte schön mit der Milch bevor das Rindviech als Steak auf ihrem Teller landet? Es bleibt mir ein großes Rätsel. Mal sehen, vielleicht ändert sich ja das Käseangebot wenn wir in paar Wochen in Amerika sind … denn wie immer gilt: ALLES WIRD GUT.

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