Seit dem Aufbruch in Sucre war es eher gemächlich, aber wir haben uns notgedrungen auch für die weniger spannende Route entscheiden müssen, da die Straßen im Süden durch Erdrutsche teilweise gesperrt waren und wir die Runde über die Jesuitenklöster nicht fahren konnten.
Wir haben uns unterwegs die Ausgrabungen El Fuerte bei Samaipata angesehen – ein riesengroßes Areal mit präinkischen Felsruinen, das Machu Picchu Boliviens sozusagen, UNESCO Weltkulturerbe und ein absolutes Nationales Denkmal. Eine ziemlich abenteuerliche Anfahrt und auch bissi viel Wind, der darum gemacht wird, aber durchaus schön.
Auf dem Weg nach Santa Cruz hatten wir mal wieder viel Glück: es gab zwar unzählige Löcher und tiefe Rillen, an manchen Stellen mussten wir ewig warten, bis Caterpillar die Straße von Geröll und Felsbrocken befreit haben, teilweise ging es nur noch einspurig weiter und Mr. Benz musste sich durch ziegelroten Schlamm kämpfen, aber wir sind noch durchgekommen – am nächsten Tag ging nichts mehr und die Straße wurde wegen zu vielen Erdrutschen gesperrt.
Die Stadt Santa Cruz hat bis auf eine schöne Plaza nichts wirklich Umwerfendes, wir hatten es hier eher ‚ruhig‘ und ‚alltäglich’ … ‚ruhig‘ weil Hans paar verdiente Ruhetage vom Fahren hatte und ‚alltäglich‘ weil ich mich um schnöde Dinge wie Wäsche Waschen und Einkaufen kümmern konnte und auch genügend Ruhe hatte, Haarfarbe aufzutragen und einwirken zu lassen (ja, auch das gehört zum 40+ Reiseleben dazu).
So frisch gewaschen, gefärbt und die Kisten voller Futter hatten wir eigentlich nur noch Brasilien als nächstes Ziel vor Augen – aber bis zur Grenze sind es immerhin noch 650 Kilometer. So eine Distanz ist für uns nicht gerade mal ums Eck – also fahren, schlafen, fahren, schlafen … hört sich fad an, war es aber nicht, denn wir hatten wieder viel Glück mit unseren Schlafplätzen und konnten jede Nacht auf einer Plaza stehen. Wir lieben solche Plätze heiß und innig: sie sind beleuchtet und somit sicher, es gibt immer was zu sehen und es ist auch bissi was los, stets ein hübsches Kircherl oder ein Kloster, der Hund hat genügend Grünflächen, meistens sind der Markt und paar Geschäfte zum Einkaufen ganz in der Nähe und das Ganze auch noch gratis … Reiseherz was willst du mehr!
Zudem hat man auf den Plazas oft sehr nette Begegnungen – so auch in San José: am Abend hält ein Auto vor uns und wir werden von einem jungen Paar auf Deutsch angesprochen – sie aus Vorarlberg und er aus Bayern, beide Zeugen Jehovas, die hier in Bolivien Mennoriten missionieren. Eine wahre Aufgabe, denn im Südosten Boliviens gibt es unzählige Kolonien und ca. 60.000 Mennoniten. Das war ein so feines Plaudern und es ging nicht um Glaubensfragen, sondern das Thema waren eher gemeinsame heimische Gelüste wie ein herrlich saftiges Leberkäse Semmerl, ein vernünftiges Schnitzerl oder einfach mal wieder eine gute Tafel Schokolade. Maaa, uns allen lief das Wasser im Mund zusammen und mit knurrendem Magen wünschten wir uns gute Nacht. Am nächsten Morgen auf dem Weg zum Geldautomaten höre ich plötzlich ein ‚Jooooohannaaaaa’ hinter mir – ich bin echt nicht schreckhaft, aber da hat es mich so richtig gerissen! Als ich mich umdrehe drückt mir das Mädel vom Vorabend eine Tafel Schoki in die Hand, eine richtig gute, die sie aus Deutschland mitgebracht hat. Eigentlich eine ‚Kleinigkeit‘, aber ich glaube, ich habe mich seit meiner Kindheit nicht mehr so sehr über 100 Gramm Schokolade gefreut und da lebte ich immerhin im tiefsten Kommunismus mit Lebensmittelmarken!
Die letzten Tage in Bolivien verbringen wir in Aquas Calientes: der Platz ist eine große Grünfläche mit Palmen und Tulcanen an einem kristallklaren Fluss mit Badewannen Temperatur. Das Wasser ist hier auf einem Abschnitt von drei Kilometern etwa 35 Grad warm … was hätten wir dafür im kalten Uyuni gegeben, hier freuen wir uns eher über eine kalte Dusche, denn momentan haben wir 38 Grad im Schatten. Man kann sich hier auch herrlich massieren lassen: man liegt am Rand des Flusses im wadentiefen warmen Wasser, wird von tausenden kleinen Fischchen am ganzen Körper angeknabbert und somit gepeelt und zeitgleich von einer Bolivianischen Mama durchgeknetet (sie hat mir übrigens ratzfatz den Hals eingerenkt und ich kann wieder nach links zum Herrn Chauffeur schauen). Sehr entspannend sowie herrlich zum Akklimatisieren und als Einstimmung auf Brasilien, nur bald kommen im Pantanal vermutlich noch viele Moskitos und sonstige Tierchen hinzu … aber was soll’s, ALLES WIRD GUT wie immer halt!
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