SüdamerikaBrasilien

Fische, Flipflops und Fachwerkhäuser

 

 

Aus den geplanten ‚paar Tagen’ in Bonito ist eine ganze Woche geworden und wir drei haben so etwas wie ‚Urlaub vom Reisen’ gemacht: der Platz war ruhig, sehr gepflegt und wirklich ein kleines Entspannungsparadies, zudem war das Städchen mit dem Fahrrad gut zu erreichen und so gab es jeden Tag neben einem Workout frisches Gebäck und den einen oder anderen klitzekleinen Abstecher in die kunterbunte Welt der Havaianas. Die Campingplätze darf man sich übrigens nicht so vorstellen, wie man sie aus Europa kennt, also beengt, kleinkariert, voll mit Detlef Weißwaren Campern, dazugehörigem Geranienstöckchen auf dem Tisch, Satellitenschüssel und Wäschespinne. Hier ist es eine weite Wiese, viel Natur und Einsamkeit. In Bonito hatten wir das alles und die letzten Tage den Platz sogar für uns alleine … nur eines gab es nicht, nämlich eine Waschmaschine und deshalb sind wir schweren Herzens weitergefahren.

Das nächste Camp war ähnlich mit kristallklarem Naturpool im Dschungel, es war nur wesentlich ‚tierischer’: am Boden Vögel mit lustigen Kopffedern, im Wasser bunte Fische, in den Bäumen Totenkopfäffchen und in der Luft viele Biester – Moskitos und fiese kleine schwarzen Fliegen, die ein Stückchen Fleisch herausbeißen und einen dicken juckenden Dippel verursachen. Das wäre ja eigentlich schon genug, aber wir haben uns offensichtlich beim Trocknen der Bettwäsche Zecken ins Fahrzeug geholt und es ist nicht besonders prickelnd, wenn man ohnehin bereits mit roten Pestbeulen übersäht ist und in der Früh zusätzlich feststellt, dass man die ganze Nacht so einem blöden Brasilianischem Biest als Delikatesse gedient hat. Wobei die Nationalität völlig wurscht ist, Zeck bleibt Zeck und ist einfach nur ungustiös und pfui!

Apropos Nationalität – Brasilien und die Brasilianer sind definitiv anders: es gibt die heißgeliebten chaotischen Märkte nicht mehr, aber dafür sehr gut sortierte Supermärkte mit allem, was das Herz begehrt (tolle Fleischqualität, Nutella und endlich wieder Mineralwasser mit Kugerl). Man sieht keine Frauen mehr in ausladenden Röcken mit bunten Tragetüchern und Zöpfen, stattdessen besteht die Brasilianische Nationaltracht eher aus wallendem offenen Haar, dazu Hotpants und Flipflops (ja meine Herren, oftmals eine wahre Augenweide!). Am Straßenrand gibt keine buntgeschmückten Kreuze mehr als Andenken an die Unfallopfer, aber dafür auch überhaupt keinen Müll, plötzlich keine Unmengen an Plastikflaschen, keine Autoreifen etc. mehr, alles ist sauber und gepflegt. Auch für Lucky ist es anders, denn es gibt so gut wie keine streunenden Straßenhunde, aber dafür bellen hinter jedem Gartenzaun mindestens fünf Fellnasen (eingezäunte Grundstücke haben wir übrigens auch schon lange nicht mehr gesehen). Und vor den Häusern bemerkt man eine weitere Brasilianische Eigenheit – die Menschen stehen oftmals an der Tür und klatschen. Man fragt sich natürlich wieso … nein, sie spenden nicht der Architektur Applaus, sondern am Land haben Brasilianische Häuser häufig keine Klingel und das Klatschen ersetzt quasi das Dingdong. Sieht witzig aus, scheint aber zu funktionieren. Auch die Verständigung verläuft etwas anders: die Brasilianer verstehen Spanisch ohne Probleme, nur veranlasst sie diese Tatsache leider zu glauben, dass man ihr fröhliches Genuschel mit den vielen Sch-Lauten ebenfalls versteht. Dem ist aber überhaupt nicht so und deshalb ist der Informationsaustausch eher eine Einbahnstraße bzw. eine Sackgasse. Aber im Grunde genommen ist das völlig egal, denn die Menschen sind ungemein warmherzig und am Ende hat man irgendwie immer das Gefühl, gleich adoptiert zu werden, am besten nickt man recht wissend und verabschiedet sich mit einem lächelnden ‚tchau tchau’.

Unser Weg führte uns weiter Richtung Joinville zur Küste – diese ist allerdings hier gelinde gesagt eher bescheiden, was aber nicht besonders dramatisch war, denn bei Dauerregenwetter sind Meer und Strand ohnehin nicht besonders prickelnd. Den nächsten längeren Stopp haben wir in Blumenau gemacht. Das Städtchen wurde 1850 als erste Deutsche Siedlung im Itajai Tal gegründet und ist sehr nett aber auch etwas skurril, denn inmitten einer norddeutschen Fachwerkhausromantik tragen viele Geschäfte und Straßen Deutsche Namen, es gibt eine ‚Wurststraße’ voller Metzger, die Villa Germanica als Deutsches Vergnügungsviertel und zugleich das Zentrum vom heißbegehrten Oktoberfest, diverse Trachtenausstatter, unzählige Restaurants mit Deutscher Küche und man hört auch viele Blumenauer perfekt Deutsch sprechen … und das mitten in Brasilien!

Der ausgleichenden Gerechtigkeit wegen (da ja nur ich Deutsche bin) fahren wir auf dem Weg zu den Iguaçu Wasserfällen noch nach Treze Trilias (Dreizehnlinden) – eine Österreichische bzw. Tiroler Siedlung, in der nicht nur Dirdl und Lederhosen sondern auch deftige Österreichische Gerichte an der Tagesordnung sein sollen. Wir hoffen so sehr auf ein richtig gutes Schnitzi oder Kasnocken oder eine Speckjause oder oder oder … wurscht, Hauptsache gut und viiieel … aber es wird sich sicher ein feines Futter finden und ALLES WIRD GUT!

 

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